Im Jazz steht die Improvisation im Mittelpunkt. Musikerinnen und Musiker erschaffen oft im Moment etwas Neues, reagieren aufeinander und lassen sich von der Stimmung treiben. Das macht jedes Konzert einzigartig und lebendig.
Eigentlich war für mich Jazz schon als Jugendlicher interessant. Da hatte ich die Möglichkeit Größen wie Miles Davis, Don Cherry, Don Pullen, Don Moye, das Art Ensemble of Chicago und auch viele andere live zu sehen. Schon damals stellte sich bei improvisierter Musik die Freude am Zuhören ein.
Nachdem ich die Fotografie schon früh für mich entdeckt hatte, waren große Festivals von besonderem Interesse, da wurde man wegen Fotografierens meist nicht sehr streng kontrolliert. Das war in den 80ern und 90ern noch durchaus ein Problem.
Später verbreiterte sich mein Musikgeschmack, der Jazz verlor sich etwas. In Wien besuchte ich dann einmal ein Konzert von U2 auf der Donauinsel, die Menschenmassen dieses Konzerts brachten mich schließlich dazu, in Zukunft nur mehr kleinere Konzertbühnen zu besuchen, und da kam dann wieder der Jazz dazu. Fotografieren war da auch kein Problem.
Aber noch zum Musikalischen: Frei improvisierte Musik treibt manche Leute in die Flucht, andere sitzen mit seligem Grinsen im Konzert, das kann doch nicht nur Trotz oder Opportunismus sein. Einige Leute hören oder erleben etwas, das andere nicht hören oder nicht erleben können.
Für mich war ein Konzert von Joe Mc Phee so ein Erlebnis. Es war eines der ersten Konzerte mit freier improvisierter Musik für mich. Nach den ersten Tönen blickte ich auf die Uhr und dachte mir, oh Gott, so lange noch, bis ich schließlich in die Musik "hineinfiel" und nach eineinhalb Stunden dachte ich mir: Was, schon aus?
Und dieses Gefühl, sich in die Musik hineinzuleben suchte und suche ich immer wieder, nicht immer gelingt es, meist aber schon. Mit dieser Einstellung, sich überraschen zu lassen, sich auf etwas einlassen, wird Musikgenuss zu einem anderen Erlebnis, als wenn man darauf wartet, dass der eine oder andere Hit, den man ohnehin schon auswendig kann, auf der Bühne möglichst gleich wie auf der Studioversion erklingt.
Bei den Fotos versuche ich nach Möglichkeit auch immer wieder diesen meinen Eindruck festzuhalten. Dabei lege ich den Fotoapparat aber immer wieder weg, damit ich mich auch vollkommen auf das Gehörte konzentrieren kann.
